Zusammenfassung der Vorträge des 7. Kolloquiums

»Rheologische Messungen an Baustoffmischungen«

am 29.01.98 in Regensburg




Rheologie am Bau immer wichtiger

Beton wird fest, das weiß man. Wie man die Betonfestigkeit einhalten kann, weiß man auch. Davor aber soll er verarbeitbar sein. Wie man das einhalten kann, darüber gibt es verschiedene Meinungen und Theorien. Das gilt nicht nur für Beton, sondern für Baustoffe allgemein. Um hier Lösungsansätze zu vermitteln und ein Diskussionsforum zu bieten fand nun schon zum 7. mal ein Workshop und Kolloquium an der FH Regensburg statt.



Beim Workshop wurden bei einer Station die rheologischen Grundlagen bis zu den Besonderheiten der Baustoffe behandelt. Bei der anderen Station konnten die Teilnehmer die Erstellung einer Betonrezeptur mittels Messungen am Zementleim und Betonmörtel kennenlernen. Abschließend wurde das Fließverhalten der vorher ermittelten Rezeptur am Beton überprüft und bestätigt. Der Vorteil dieses Verfahrens sind die Zeitersparnis gegenüber der herkömmlichen Rezepturerstellung und die Gewißheit über die Stabilität des Betonmörtels. Bei der abschließenden Diskussion kristallisierten sich die möglichen Einsatzmöglichkeiten in der Praxis heraus.



Fünf Referenten berichteten am Kolloquium über die neuesten Erkenntnisse aus Industrie und Forschung. Wir geben hier die Kurzfassungen der Vorträge wieder:



Erfahrungen bei der ALSEN AG

Vortrag von Herrn Dipl.-Ing. Hübscher, ALSEN AG, Abteilung Qualitätswesen

Bei der Firma ALSEN AG ist an zwei Standorten der Viskomat der Firma Schleibinger im Einsatz. Um die Geräte effizient einsetzen zu können, sind umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt worden. Folgende Aufgabenstellungen wurden dabei berücksichtigt:





Weiterhin wurden eine Reihe von Einflußfaktoren auf das rheologische Verhalten unserer Zemente untersucht, wie





Der Viskomat hat sich als Ergänzung zu den genormten Prüfverfahren, als schnelles und zuverlässiges Prüfmittel bewährt. Er wird mittlerweile bei vielen Prüfungen, Untersuchungen, Entwicklungen, Beanstandungen und als Qualitätssicherungsinstrument eingesetzt.



Qualität von Beton verbessern

Vortrag von Herrn Prof. Dipl.-Geol. Jürgen Teubert, Bautechnische Beratungen

Zu Beginn des Referates wurden die aus Erfahrungen der Praxis gewonnenen Zusammenhänge für die rheologische Betrachtung des Betons aufgezeigt: Da die Bestimmung der Fließeigenschaften des Betons im Baubetrieb nur mit großem Aufwand zu realisieren ist, ist es zweckmäßig, den Beton in Einzelphasen zu zerlegen und so, mit überschaubarem Aufwand mittels rheometrischer Messungen, an diesen Einzelphasen optimale Zusammensetzungen der Ausgangsstoffe zu definieren. Sinnvolle Ausgangsphasen sind:



  1. Bindemittelleim: Die Zusammensetzung des Bindemittelleimes ist durch den festigkeitsabhängigen Wasserzementwert vorbestimmt. Die dabei sich ergebende Fließfähigkeit des Leimes beeinflußt sehr wesentlich die Fließeigenschaften des Betons. Eine Änderung des Leimfließens ist nur mit Hilfe von Zusatzmitteln zu erreichen. Weiterhin ist von Bedeutung, daß der Leim sich bei der Verarbeitung des Betons nicht entmischt, was dann erreicht wird, wenn der Leim ein bestimmtes Mindestfließmoment besitzt. Aus früheren Versuchen und praktischer Erfahrung liegt die Stabilitätsgrenze für den Bindemittelleim bei der Messung im Viskomat für N = 120 bei 8,5 Nmm.

  2. Betonmörtel: Gemisch aus dem Zementleim und dem Betonsand bis 2 mm Korngröße. Abhängig vom Fließverhalten des Zementleimes und dem Kornaufbau des Sandes ergibt sich für verschiedene Mischungsverhältnisse (Sandvolumen/Zementleimvolumen = Füllungsgrad) jeweils ein charakteristisches Fließen des Mörtels. Kennt man andererseits aus der Analyse bewährter Praxisbetone die erforderliche Fließeigenschaft des Betonmörtels (abhängig von Art und Aufbau des Grobzuschlages sowie der notwendigen Mindestmörtelmenge), dann kann mittels Viskomatmessungen die für den Beton optimale Mörtelzusammensetzung mit wenig Aufwand ermittelt werden. Selbstverständlich kann der Einfluß weiterer Zumischungen wie Zusatzstoffe oder Zusatzmittel ideal mitbewertet werden.

    Weiterhin ist zu überlegen, ob für eine wasserzementwertsichere und gleichbleibend gut verarbeitungsfähige Betonkonfektionierung nicht ein auf den rheologischen Erkenntnissen fußendes Herstellungsverfahren anzuwenden ist. Dabei wäre ein vorgelegtes Wasser-Zement-Sand-Gemisch soweit mit weiterem Sand aufzufüllen, bis ein bestimmtes Fließverhalten des so angemischten Mörtels erreicht ist. Die Mischungsanteile werden verwogen. Dieser Mörtel mit definierter Fließfähigkeit wird in einem Fahrmischer vorgelegt und dort soweit mit Grobzuschlag aufgefüllt, bis die gewünschte Verarbeitbarkeit des Betons erreicht ist. Die Anteile der Betonkomponenten sind durch Verwiegen erfaßbar, die Betonmenge ergibt sich, wie auch bei der bisherigen Fertigung, aus den Gewichten und den entsprechenden Rohdichten der Ausgangsstoffe. Entscheidend ist, daß bei derartiger Herstellung die qualitätsentscheidenden Festbetoneigenschaften sicherer definiert und auch eingehalten werden können.



Neue Meßgeräte für Frischbeton und Mörtel

Vortrag von Herrn Dipl.-Ing. Markus Greim, Schleibinger Geräte

Es wurden erste Erfahrungen und Meßergebnisse mit dem Frischbetonrheometer BT 2 vorgestellt. Die Einflüsse dreier Zemente verschiedener Hersteller sowie verschiedener Rezepturen auf die rheologischen Eigenschaften des Frischbetons wurden mit dem BT2 untersucht. Die Einflüsse von Füllungsgrad und Wasserzementwert auf die relative Fließgrenze und Viskosität konnten aufgezeigt werden. Die drei verwendeten Zemente wirken sich verschieden auf die Fließeigenschaften aus. Es zeigt sich, daß die rheologischen Eigenschaften insbesondere von plastischen Betonen mit dem BT2 gut zu charakterisieren sind. Die Untersuchungen erfolgten an der FH Regensburg.



Für Mörtel- und Zementleimmessungen stellte der Referent die neue Messgerätegeneration Viskomat NT vor. Die Buchstaben NT stehen hier für ´Neue Technologie´ bzw. ´Netzwerktechnologie´. Das Gerät erweitert die Möglichkeiten des Vorgängers Viskomat PC erheblich und bietet eine Plattform für die Entwicklung neuer Meßzellengeometrien für den Baustoffbereich. Der Viskomat NT kann in ein Intranet und sogar in das Internet eingebunden werden.



Grundsätzliche Zusammenhänge

Vortrag von Herrn Dr. Gerd Häselbarth, Bauhausuniversität Weimar, F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde

Der Einfluß verschiedener Zemente und Zusätze auf das Fließverhalten von Frischmörtel und Beton wurde mit den beiden rheologischen Meßverfahren Viskomat und BML-Viskometer untersucht und verglichen. Bei Portlandzementen wird der Fließwiderstand mit zunehmender Feinheit größer. Die Beeinflussung der Fließeigenschaften von Kompositzementen hängt von verschiedenen Faktoren ab. So war bei der Verwendung von Portlandkalksteinzement eine starke Abhängigkeit von der Wassermenge zu erkennen. Erst mit einem optimalen Wassergehalt wurde eine gute Fließfähigkeit des Frischbetons erreicht.

Aus rheologischer Sicht wird durch Zugabe von Betonverflüssigern und Fließmitteln insbesondere die Fließgrenze von Mörtel und Beton herabgesetzt, Luftporenbildner dagegen bewirken vor allem eine Abnahme der plastischen Viskosität.



Bei der Substitution eines Teils von Zement durch Flugasche wurde festgestellt, daß Steinkohlenflugasche das Fließverhalten von Frischbeton verbessert. Dagegen führte die verwendete Braunkohlenflugasche zu einer Verschlechterung des Fließverhaltens.



Vorhersage der Betonverarbeitbarkeit

Vortrag von Herrn Dr. F. Langer und Dipl.-Ing. H. Eckardt, Readymix Institut für Baustoffe GmbH

Der Vortrag war unterteilt in die Meßmethodik mit dem Viskomat und die Übertragbarkeit der mit dem Viskomat ermittelten Ergebnisse auf den Beton.

Aufgrund langjähriger Erfahrung mit rheologischen Messungen werden im RIB die Untersuchungen an einem Standardmörtel aus 662 g Zement, 331 g Leitungswasser und 1000 g Visco-Corder-Prüfsand (0,08 - 1,00 mm) durchgeführt. Um auch das falsche Erstarren zu erfassen, wird der Mörtel 2 min gemischt, und die Messungen werden 3 min nach Mischbeginn gestartet.



Innerhalb des Vortrages wurde das zweistündige Meßregime, bestehend aus vier Messungen bei fallender, und vier Messungen bei steigender Drehzahl, erläutert. Dabei werden die Parameter der Fließkurven funktionell in ihrer zeitlichen Abhängigkeit dargestellt. Gleichzeitig sind die gemessenen Drehmomente bei einer Umdrehungsgeschwindigkeit von 120 U/min analog den Visco-Corder-Ergebnissen über die Versuchsdauer von zwei Stunden dokumentiert.

Der zweite Teil des Vortrages stellt eindringlich die betontechnologischen Ziele der rheologischen Messungen am Mörtel dar. Diese sind:

Wie dieses mit der Auswertung der zeitlichen Veränderung der Fließgrenze des Mörtels möglich ist, wurde an Beispielen erläutert



Meßverfahren aus der Praxis

Vortrag von Herrn Dipl.-Ing. Peter Iff, Bauunternehmen Max Bögl

Der im Betonbau verwendete Beton wird immer komplexer und muß dabei billig sein. Durch die Verwendung von Zusatzmitteln und Zusatzstoffen wird der Beton zu einem komplizierten Mehrstoffsystem, dessen komplexen Eigenschaften im Vorfeld nicht immer präzise vorhergesagt werden können. Es reicht nicht mehr aus, den Beton über die Faktoren Konsistenz, W/Z-Wert am Frischbeton zu charakterisieren. Es ist vielmehr notwendig, den Beton, zumindest im Vorfeld, umfassender zu untersuchen.



Folgende drei Meßmethoden werden eingesetzt: Erstens werden mit rheologischen Messungen das Verhalten des Zementes bis zum Einbau, die Wirksamkeit von Zusatzmitteln und die Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter erfaßt. Zweitens wird die quasiadiabate Temperaturentwicklung gemessen, um die Reaktivität und den Hydratationsverlauf beurteilen zu können. Drittens wird mit Ultraschall der dynamische E-Modul gemessen, um Daten über die Frühfestigkeit des Beton zu erhalten.



Mit den Ergebnissen dieser einfachen Versuche lassen sich Zemente und Betone hinsichtlich ihrer spezifischen Eigenschaften klassifizieren. Als Ergänzung zu DIN 1164 und ähnlicher Vorschriften lassen sich diese Materialien nun eindeutig für die Praxis charakterisieren. Es lassen sich alle Auswirkungen der Granulometrie und der chemischen Zusammensetzung nachweisen und überprüfen.



Das Fließverhalten von Betonmörtel

Vortrag von Herrn Dr. H.-J. Keck, Universität GH Essen

Der Vergleich zwischen Ausbreitmaß und Fließgrenze sollte zeigen, ob ein Vergleich zwischen den Parametern der Fließkurve und dem Ausbreitmaß möglich ist, und wie sich Änderungen in der Mischungszusammensetzung bei den verschiedenen Beanspruchungen auswirken. Um Einflüsse infolge unterschiedlicher Materialzusammensetzungen ausschließen zu können, wurden nur Messungen an Mörteln durchgeführt. Die Mischungszusammensetzung wurde so gewählt, daß reproduzierbare Messungen möglich waren. Beim Visco-Corder hat sich für eine Drehgeschwindigkeit von 120 U/min und bei Verwendung von Normsand ein Konsistenzbereich zwischen 10 und 40 Nmm als sinnvoll erwiesen.

Bei höheren Fließmomenten kommt es zu unregelmäßigen Fließbedingungen, die sich durch heftige Vibrationen des Schreibers bemerkbar machen.



Bei geringeren Konsistenzen neigen die gröberen Bestandteile zum Absetzen. Beim Ausbreitmaß sollte der Mörtel während des Ausbreitens als stets geschlossener "Kuchen" verlaufen. Daher ist das Ausbreitmaß vorwiegend für weichere und fließfähigere Konsistenzen geeignet. Nach DIN 1060 entspricht dies einem Maß zwischen 18 und 28 cm. In diesem engen, für beide Verfahren unkritischen Parameterbereich, sollte zusätzlich die Kornzusammensetzung geändert werden. Dazu wurden vier Sieblinien gewählt, deren Feinstsandanteil (<0,25mm) unterschiedlich groß ist. Die Ergebnisse zeigen, daß sich zwar bei Wahl eines sehr engen Parameterbereichs eine Korrelation zwischen dem Ausbreitmaß und der Fließgrenze finden läßt, diese jedoch nicht allgemeingültig ist. Schon durch Änderung eines weiteren Parameters ist der vorherige Zusammenhang nicht mehr gegeben. Der Grund für dieses Verhalten liegt in der unterschiedlichen Beanspruchung, die beide Verfahren auf den Mörtel ausüben. Beim Ausbreitmaß wird wiederholt kurzzeitig die Fließgrenze durch die ruckartigen Erschütterungen überschritten und aufgrund des Eigengewichts fließt der Mörtel auseinander. Zusätzlich verringert sich von Mal zu Mal das Eigengewicht. Diese Beanspruchung läßt sich nicht mit der im ViscoCorder (Viskomat) vergleichen. Hier wird die wahre Fließgrenze überschritten und die Fließkurve im flüssigen Zustand durch Belastungsvariation bestimmt. Die Fließgrenze wird nur durch Extrapolation berechnet. Unabhängig davon zeigen die Messungen, daß der ViscoCorder (Viskomat) wesentlich empfindlicher als das Ausbreitmaß auf Änderungen der Mischungsparameter reagiert.








Kolloquium und Workshop 1999 über Rheologie von Baustoffen

Die nächste Veranstaltung über dieses Thema wird am 27. und 28. Januar 1999 an der Fachhochschule Regensburg stattfinden. Ansprechpartner hierzu ist Prof. Schnell (0941 943-1215)


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© Schleibinger Geräte GmbH, Buchbach, August 1998