...Es sind nicht einfach die Kinder, die sich zu Waffen hingezogen fühlen, Krieg spielen und davon begeistert sind, es sind meistens die Jugen ...([23], S.138). Verschiedene Forscher bemühen sich herauszufinden, ob geschlechtstypisches Verhalten durch die Biologie festgelegt, und damit unabänderlich ist. Praenatale Einflüsse bestimmter Hormone auf das geschlechtstypische Verhalten wurden ebenfalls untersucht. Als These kann angeführt werden: ...Unterschiede im Verhalten, Denken und Fühlen sind doch sehr stark durch Hormonspiegel, Gehirnstrukturen, Vererbtes und Angeborenes bestimmt ... ([59], S.160).
Im Augenblick der Befruchtung erfolgt beim Menschen die Geschlechtsbestimmung. Unter dem Einfluß des Y-Chromosom (männlich) bzw. des X-Chromosom (weiblich), werden zunächst die primären männlichen Geschlechtsdrüsen (Hoden; in corpu) bzw. weiblichen Geschlechtsdrüsen (Eierstock) gebildet. Diese beginnen mit der Produktion von Sexualhormonen (Testosteron bzw.Oestrogen). Sie lösen damit die chromosomale durch die hormonale Phase ab. Die Differenzierung in männlichen und weiblichen Geschlechtsapparat beginnt. Der Zeitpunkt ist etwa der 2.bis 3. Schwangerschaftsmonat. Der Testosteronspiegel erreicht zur Zeit der Genitaldifferenzierung beim männlichen Fötus Spitzenwerte (100-270 ng/100 ml), während beim weiblichen Fötus zur selben Zeit deutlich niedrigere Testosteronwerte gefunden werden (27ng/100 ml). Diese hohen Werte sind auf das beim männlichen Fötus vorhandene Y-Chromosom zurückzuführen, welches die Weichen für die männliche Differenzierung stellt. Während die weibliche Entwicklung sich auch ohne funktionstüchtige Ovarien entwickelt, entscheidet der hohe Androgenspiegel die Durchsetzung in androgener Richtung. Testosteron unterdrückt also eine Entwicklung weiblicher Organe.
Testosteron beim männlichen und Oestrogen beim weiblichen Embryo beeinflussen auch die Differenzierung des Hypothalamus. Dieser ist ein Teil des Zwischenhirns, welches die beiden Hemisphären des Großhirns verbindet. Dieser Hypothalamus hat Einfluß auf späteres Sexualverhalten, Affektivität und Aggressivität.
Durch Identifikation der äußeren Genitalien wird dem Kind kurz nach der Geburt die Geschlechterrolle zugewiesen (Hebammengeschlecht). Die Geschlechterrolle unterliegt kurz nach der Geburt soziokulturellen und erzieherischen Einflüssen. (in Anlehnung an[39]).
Der markanteste Geschlechtsunterschied ist der Umgang mit der Aggression, der schon im Kleinkindalter feststellbar ist. Offensichtlich neigen eher die Jungen zum Raufen, zum Kämpfen, zum Zerstören. Sie sind im allgemeinen als ''wilder'' einzustufen als Mädchen. Da diese Beobachtungen auch kulturübergreifend beim Menschen und anderen Säugern gemacht werden konnte, schließt man auf biologische Faktoren. Es ist durch zahlreiche Untersuchungen (Goy, Phoenix) nachgewiesen, daß Androgene im männlichen Organismus bestimmte Zentren des Gehirns für geschlechtsspezifische Verhaltensweisen richtungsweisend prägen (vgl.[40],S.97).
Außerdem bewiesen Untersuchungen bei Primaten, daß foetal androgenisierte, genetisch weibliche Affen erhöhte Aktivität zeigten, häufiger die Initiative zum Spielen ergriffen und wildere Spiele spielten (vgl.[40], S.103). Ebenso zeigte sich, daß physische Aktivitäten bei weiblichen Individuen durch pränatale Androgengaben erhöht werden können (vgl.[40],S.119). Somit scheinen androgene Hormone männliches und weibliches Verhalten zu beeinflussen.
Man ist vorherrschend der Meinung, daß Zusammenhänge zwischen aggressiven Verhalten und Geschlechtshormonen bestehen. Aufgrund gefundener Testosteronspitzenwerte beim männlichen Fötus und der deutlich niedrigen Werte beim weiblichen Fötus, die zumindest am Anfang in die Zeit der Hypothalamusdifferenzierung fällt, schließt man auf vorgeburtlichen Androgeneinfluß auf das männliche Gehirn. Diese Gehirndeterminierung bildet den Rahmen ...der im Laufe der Entwicklung mit Verhaltensmustern gefüllt wird, welche als männlich oder weiblich gelten. Hormone beeinflussen wiederum diese Verhaltensweisen erheblich, sind aber keineswegs als conditio sine qua non anzusehen ...([40], S.98). ...Hormonkonzentration legt (...) Reaktionen fest und entscheidet offenkundig auch über das, was das Individuum wahrnimmt ...([15], S.8f).
Das Zusammenspiel von Sexualhormonen und Gehirndifferenzierung ist sehr komplex und trotz zahlreicher Untersuchungen teils an Primaten, teils an Menschen noch nicht klar kausaliert. Man sollte deshalb vorsichtig mit der Beweiskraft dieser Untersuchungsergebnisse umgehen. Der Einfluß des Testosteron auf allgemein bedeutendes aggressives Verhalten ist sehr wahrscheinlich. ...Vieles spricht dafür, daß Testosteron nicht als ein per se aggressionsförderndes Hormon, sondern stärker als eine prinzipiell energetisierende biologische Substanz betrachtet werden sollte ...([54], S.42). Keineswegs ist also jede aggressive Handlung auf Hormone zurückzuführen. Aber die Biologie stellt dennoch die Weichen für Anatomie und späteres Verhalten.